Frank Schäffler

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Brexit: Fingerhakeln in Europa

Die Brexit-Verhandlungen stehen unter keinem guten Stern. Die Vertreter der Rest-EU sind beleidigt und spielen mit den Muskeln. Alle innerhalb der Rest-EU und außerhalb sollen sehen, wozu es führt, wenn man aus dem gemeinsamen Haus auszieht und die Familie verlässt. Nur Mühsal, Beschwerlichkeiten und Unglück! Die Briten sollen die Folgen ihrer Undankbarkeit ruhig spüren. Die Leitlinien, die der Europäische Rat vor wenigen Tagen verabschiedete, sind ein Dokument dafür. Sie sind eine Machtdemonstration. Siebenundzwanzig gegen einen. Ein Nicht-Mitgliedsstaat, der nicht dieselben Pflichten übernimmt wie ein Mitgliedstaat, kann nicht dieselben Rechte haben und dieselben Vorteile genießen wie ein Mitgliedstaat. Allein diese Formulierung in den Grundsätzen der Leitlinien zeigt schon die Überheblichkeit der Rest-EU. Bis jetzt hat die britische Regierung nicht behauptet, sie wolle die gleichen Rechte und Vorteile genießen wie die restlichen Mitglieder. Ganz im Gegenteil setzt die Regierung May das um, was das britische Volk im Referendum knapp, aber dennoch klar ausgesprochen hat: den Austritt aus der Europäischen Union. Sie wollen also ausdrücklich nicht mehr das wesentliche Recht der Mitgliedschaft ausüben, das Stimmrecht.

Das Austrittsschreiben der britischen Premierministerin Theresa May vom 29. März war ein Wendepunkt im Verhandlungspoker. Bis dahin hatte May vieles richtig gemacht und war im Vorteil. Sie hatte die Agenda und das Tempo bestimmt. Ex-Parlamentspräsident Schulz und EU-Kommissionspräsident Juncker hatten schon einen Tag nach der Brexit-Entscheidung am 23. Juni 2016 gefordert, Großbritannien müsse unmittelbar den Austrittsantrag stellen. Das hat May nicht sonderlich beeindruckt. Sie hat sich ein dreiviertel Jahr für den Antrag Zeit gelassen. Bis dahin konnte sie sich vorbereiten. Erst mit dem Austrittsantrag kommen die 27-Mitgliedsstaaten in den Vorteil. Jetzt bestimmen sie die Agenda. Schon stellt die EU den treulosen Briten Scheidungskosten von 100 Mrd. Euro in Aussicht, um erstmal eine Hausnummer in den Raum zu stellen. Gleichzeitig betont sie, dass erst über die Austrittsmodalitäten verhandelt werden muss, bevor über die künftige Zusammenarbeit verhandelt werden kann.

Der EU spielt dabei in die Hände, dass die Zeit sehr knapp ist, um ein Abkommen mit Großbritannien zu schließen. Zwei Jahre nach dem Austrittsantrag finden die Europäischen Verträge auf Großbritannien keine Anwendung mehr. Sollte bis dahin kein Abkommen erzielt werden, das vom Parlament der Europäischen Union und vom Europäischen Rat beschlossen werden muss, hat Großbritannien ein Problem.

Wahrscheinlich ist es nicht wirklich möglich, in so einer kurzen Zeit ein Abkommen zu erzielen. Selbst wenn die EU einer einmaligen Verlängerung der Verhandlungen um weitere zwei Jahre zustimmt, ist die Zeit sehr kurz. Das Erpressungspotential der EU ist daher die Zeit. Theresa May kann dem nicht viel entgegensetzen. Ihr kurzfristiger Schachzug war es, Neuwahlen für den 8. Juni anzusetzen. Bis dahin kann sie mit Nadelstichen auch der EU wehtun. Und genau das macht May jetzt. Solange das britische Parlament nicht neu gewählt ist, verhindert sie durch ihr Veto Beschlüsse im Europäischen Rat. Damit erhöht sie ihrerseits den Druck auf die übrigen Verhandlungspartner. Doch wenn die eigentlichen Austrittsverhandlungen erst nach der Parlamentswahl beginnen, bleibt nur noch rund ein Jahr Zeit.

Dieses Fingerhakeln lässt für die kommenden Monate nicht viel Hoffnungen auf eine gütliche Einigung aufkommen. Die Strategie der EU gegenüber Großbritannien mag funktioniert. Sie mag auch die anderen Mitglieder in der EU, die ebenfalls mit Brüssel unzufrieden sind, disziplinieren. Ein Friedens- und Freiheitsprojekt sieht aber anders aus. Attraktivität und Anziehungskraft kann man nicht durch Zwang und Druck erzielen, sondern nur durch innere Souveränität, Gelassenheit und Einsicht. Daran fehlt es den Handelnden in Brüssel und Berlin offensichtlich. Sie glauben, dass zu große Zugeständnisse an die Briten zu weiteren Absetzbewegungen innerhalb der EU führen würden. Dabei schadet der harte Brexit nicht nur den Briten, sondern auch den übrigen Staaten der EU. 290 Milliarden Euro exportieren Unternehmen aus der EU nach Großbritannien und 175 Milliarden umgekehrt. Viel zu viele Bürger und Unternehmen in Europa sind darauf angewiesen, dass sich beide Seiten verständigen. Jean-Claude Juncker hat dazu gerade ein Weißbuch „Zukunft Europas“ vorgelegt und darin einen der Gründerväter Robert Schuman zitiert: „Europa wird nicht von heute auf morgen und nicht aus einem Guss entstehen. Vielmehr werden greifbare Erfolge eine zunächst faktische Solidarität erzeugen.“ An diesen Gründergeist sollte er sich erstmal selbst orientieren.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Fuldaer Zeitung.

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