Frank Schäffler

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Finger weg von Puigdemont

(Foto: 0x99, by 0x FF, (CC BY 2.0) auf flickr)

Würde Horst Seehofer im Deutschen Bundestag die Loslösung Bayerns aus dem Bundesgebiet fordern, dann würde ihn das Grundgesetz vor der Strafverfolgung schützen. Selbst wenn der Landtag in München dies beschließen würde, wären die dortigen Landtagsabgeordneten vor Strafverfolgung geschützt. Aus historischem Grund wurde diese Idemnitätsregel im Grundgesetz verankert. Abgeordnete sollten nicht wegen ihres Abstimmungsverhaltens oder ihrer Reden im Parlament verfolgt werden können. Umso befremdlicher ist es, dass die Generalstaatsanwaltschaft in Schleswig nunmehr den ehemaligen katalanischen Ministerpräsidenten Carles Puigdemont wegen eines solchen „Vergehens“ nach Spanien ausliefern lassen will. Ihm wird dort Rebellion und die Veruntreuung öffentlicher Gelder vorgeworfen. Die Generalstaatsanwaltschaft ist nicht irgendwer. Sie ist eine weisungsgebundene Behörde des Justizministeriums in Schleswig-Holstein. Ohne eine enge Abstimmung mit der für die Außenpolitik zuständigen Bundesregierung ist ein solches Vorgehen nur schlecht vorstellbar.

Eigentlich hat Puigdemont eine politische Meinung vertreten und diese in seinem Regionalparlament zur Abstimmung gestellt. Zur Gewalt hat er anschließend nicht aufgerufen. Das Referendum wurde vom spanischen Verfassungsgericht untersagt, dennoch ist die Frage, ob in einer Region nicht trotzdem eine Abstimmung abgehalten werden darf. Sie hat dann keinen Charakter eines Referendums. Das ist sicherlich unstreitig. Aber eine Volksbefragung im Sinne eines Meinungsbildes kann durchaus möglich sein.

Grundsätzlich ist die Frage, ob eine Sezession möglich ist, auch wenn die eigene Verfassung dies untersagt. Sicherlich ja. Denn könnte man ein verfassungsrechtliches Sezessionsverbot verankern, dann wären die USA wohl nie gegründet worden. Wahrscheinlich ist die Neugründung von Staaten nur selten über den Rechtsweg der Verfassung des ursprünglichen Staates erfolgt. Insbesondere dann, wenn der größere Teil des Staatsgebietes dagegen ist. Eine Ausnahme ist die Verfassung des kleinen Liechtensteins. In der dortigen Verfassung können sich einzelne Gemeinden abspalten und einem Nachbarland anschließend. Doch Liechtenstein ist nicht überall. Und generell muss man fragen, ob eine knappe Mehrheit eine knappe Minderheit in einer solch fundamentalen Frage einfach so überstimmen darf.

Bei der Abstimmung in Katalonien im letzten Jahr stimmten 90 Prozent der Teilnehmer für die Loslösung von Spanien. Die Wahlbeteiligung lag jedoch bei lediglich 42,3 Prozent. Letztlich haben also nur 38 Prozent der Katalanen für die Unabhängigkeit gestimmt. Und auch die Wahlen in Katalonien im Dezember 2017 haben kein eindeutiges Ergebnis geliefert. Die Separatisten erzielten mit 47,5 Prozent der Stimmen zwar die Mehrheit, aber das Lager der Gegner ist mit 43,5 Prozent fast genauso groß. Auf dieser gespalteten Bevölkerung eine Sezession von Spanien zu begründen, ist schon sehr gewagt. Nicht ohne Grund kennen wir bei demokratischen Abstimmungen nicht nur das reine Mehrheitsprinzip. Vielfach ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Aber auch hier muss man fragen, ob das ausreichend ist. Immerhin ein Drittel wird durch die Zwei-Drittel-Mehrheit fundamental in den eigenen Lebensumständen beeinträchtigt. Daher ist zu fragen, ob nicht eine Drei-Viertel-Mehrheit oder eine Vier-Fünftel-Mehrheit für mehr Rechtsfrieden sorgen würde. Eine 50,1 Prozent-Mehrheit schafft dagegen keinen Rechtsfrieden.

Doch zurück zu den hiesigen Staatsorganen. Man stelle sich einmal vor, die Staatsorgane und insbesondere die Regierenden in Hamburg hätten sich nach den bürgerkriegsähnlichen Zuständen rund um den G 20-Gipfel 2017 in der Hansestadt ähnlich entschlossen gezeigt. Oder die Staatsanwaltschaften hätte die „Schotterer“, die die Bahngleise bei Castortransporten untergraben haben, ebenso entschlossen und schnell angeklagt.

Der spanisch-katalanische Konflikt sollte in Spanien und Katalonien gelöst werden. Deutschland sollte sich nicht auf die eine oder andere Seite schlagen. Der Publizist und Anwalt Carlos A. Gebauer hat dieser Tage vorgeschlagen, pragmatisch mit dem Fall Puigdemont umzugehen, da jede Entscheidung Deutschlands unbefriedigend sei. Als zuständiger Richter würde er den katalanischen Gast an unsere dänischen Freunde zurücküberstellen und in die Verfügung auf dem Aktendeckel den vielleicht schönsten aller Sätze aus der deutschen Verwaltungspraxis notieren: „Mit der Bitte um weitere Veranlassung.“

Zuerst erschienen bei Tichys Einblick

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