Frank Schäffler

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Nach dem Freibier kommt der Kater

Foto: Andreas Neumeier, Die Gedanken sind Freibier (CC BY 2.0) auf Flickr.

Sieben italienische Wissenschaftler, darunter auch der ehemalige Finanz- und Wirtschaftsminister Fabrizio Saccomanni, haben in dieser Woche in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auf einen gemeinsamen Vorschlag von französischen und deutschen Ökonomen an gleicher Stelle reagiert, und vor deren Vorschlägen zur Weiterentwicklung der Euro-Zone gewarnt. Letztere plädierten in ihrem Artikel dafür, dass Deutschland mehr Risikoteilung zulassen solle und Frankreich mehr Marktdisziplin. Konkret plädierten die französisch-deutschen Schreiber für eine gemeinsame Einlagensicherung für Sparvermögen in der EU und gleichzeitig für eine Risikogewichtung der Banken beim Kauf von Staatsanleihen. Derzeit fehle es an einem gemeinsamen Kapitalmarkt, und die Risiken in der Eurozone würden auf die jeweiligen Staaten und die EZB verteilt.

Die Einlagensicherung sieht vor, dass Spareinlagen mit 100.000 Euro bei der jeweiligen Bank versichert sind, egal ob in Flensburg, Siena oder Athen. Die Frage ist: Wer trägt das Risiko einer Bankenschieflage im jeweiligen Land? Ist es die Sicherungseinrichtung in Spanien, Italien oder Griechenland? Oder ist in einem gemeinsamen Währungsraum eine gemeinsame Einlagensicherung dafür verantwortlich, also auch die Einlagensicherungseinrichtungen von Sparkassen und Volksbanken in Deutschland? Um dieses Frage geht es. Die EU-Kommission hat dafür in dieser Woche einen Kompromiss vorgeschlagen, der zu Beginn eine Art Rückversicherung vorsieht. Erstmal sollen die nationalen Einlagensicherungssysteme greifen. Haben diese kein Geld mehr, können sie sich von anderen Einlagensicherungssystemen Geld leihen. Erst langfristig sollen die Einlagensicherungssysteme zu einem einheitlichen System verschmolzen werden.

Bei der Nullgewichtung von Staatsanleihen doktert die Politik schon lange herum. Letztlich geht es darum, ob aufsichtsrechtlich eine griechische Staatsanleihe ebenso sicher ist wie eine deutsche. Das ist in der Realität natürlich nicht so, doch das ficht die Bankenaufsicht nicht an. Während Kredite an den Mittelstand mit 20 Prozent Eigenkapital von der Bank unterlegt werden müssen, kann eine Bank Staatsanleihen von Griechenland, Portugal oder Zypern ohne Eigenkapital in ihre Bücher nehmen.

Viele europäische Regierungen, aber auch die italienischen Autoren des FAZ-Artikels, wehren sich gegen eine Risikogewichtung. Sie vertreten die Ansicht, dass dann die folgenden Zinsunterschiede sofort wieder eine neue Krise heraufbeschwören würden. Die Gefahr ist durchaus nicht von der Hand zu weisen. Denn die öffentliche Verschuldung in Europa ist in den letzten Jahren massiv auf über 90 Prozent der Wirtschaftskraft angestiegen.

Würden die Zinsunterschiede zwischen Italien und Deutschland wieder ansteigen, dann wäre die italienische Verschuldung nicht mehr so einfach, vielleicht gar nicht mehr zu finanzieren. Italiens Staatsschulden erklimmen Monat für Monat einen neuen Höchststand. Er liegt derzeit bei 2.300 Milliarden Euro, im Verhältnis zur Wirtschaftskraft bei 134,5 Prozent (Juli 2017). Während die Verschuldung steigt, sinken die dafür zu zahlenden Zinsen enorm. In den 1980-Jahren betrugen die Renditen 10-jährigern Italienischer Staatsanleihen über 16 Prozent. Mit der Einführung des Euro sank die Rendite auf 6 Prozent und fiel dann auf 4 Prozent. Mit der Eurokrise stieg das Risiko wieder auf bis zu 7 Prozent. Erst mit der Intervention der EZB trat eine Beruhigung ein. Heute rentiert die italienische Anleihe mit 2 Prozent. Diesen Zustand will Italien möglichst lange konservieren.

Die italienischen Autoren, aber auch die deutsch-französischen Ökonomen in abgeschwächter Form, wollen das tragende Prinzip der Marktwirtschaft von Risiko und Haftung auseinanderfallen lassen. Wer die Einlagensicherung vereinheitlicht, sei es heute, morgen oder übermorgen, sorgt dafür, dass finnische, deutsche und niederländische Sparer für Schieflagen spanischer, griechischer oder italienischer Banken haften müssen, obwohl sie als Bürger weder auf die dortige Regierungspolitik noch auf die Geschäftspolitik der dortigen Banken irgendeinen Einfluss haben.

Vielleicht wäre es an dieser Stelle viel besser, das Absicherungsniveau in der Europäischen Richtlinie abzusenken. Denn haben Sparer mehrere Konten bei mehreren Banken, dann hängen sie über diesen Weg sehr leicht mit mehreren hunderttausend Euro mit drin. Muss dieses Risiko über eine staatlich festgelegte Versicherung in der ganzen Europäischen Union abgesichert werden? Wer das will, kann das gerne national oder in der jeweiligen Bank selbst tun. Die Sparkassen und Volksbanken in Deutschland kennen die sogenannte Institutssicherung. Sie retten sich gegenseitig und schützen damit die Spareinlagen ihrer Einleger faktisch unbegrenzt. Ihre Dachorganisationen überwachen die Institute, damit es zu keiner Schieflage kommt. Die Beiträge für die Institutssicherung richten sich nach dem Risiko der Bank. Wer weniger solide wirtschaftet, zahlt mehr und umgekehrt.

Risiko und Haftung fallen erst recht bei der Nullgewichtung der Staatsanleihen auseinander. Ein Wechsel zu einem risikogewichteten Modell ist nicht einfach, aber mit Übergangsfristen möglich und notwendig. Ansonsten finanziert die EZB die Freibiermentalität der Euro-Staaten immer weiter. Doch irgendwann ist auch die Zeit des free lunch vorbei und die Realität kehr wieder ein. Wie groß der Kater danach ist, hängt davon ab, wie lange der Rausch angehalten hat.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Prometheus-Das Freiheitsinstitut.

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