Frank Schäffler

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Corona-Bonds sind ein Irrweg

Letzte Woche  haben in der Süddeutschen Zeitung zahlreiche Künstler und Kulturschaffende eine Initiative veröffentlicht, die zur Überwindung der Lasten der Corona-Krise in EU-Europa so genannte Corona-Bonds fordert. Sie schreiben: „Die Länder der Europäischen Union müssen sich – auch im ureigenen deutschen Interesse – ökonomisch maximal gemeinsam solidarisch verhalten und sich gegenseitig absichern. Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, unter Einsatz der Kräfte aller einzelnen nationalen Volkswirtschaften, um eine gemeinsame Stabilität herzustellen. Die Lage verlangt konkrete, sofortige Solidarität, sprich: Corona-Bonds zu etablieren, gemeinsame, von den Euro-Staaten emittierte Anleihen.“

Corona-Bonds sind nichts Neues in der politischen Diskussion. Als noch die Euro-Schuldenkrise im Fokus stand, haben die gleichen Leute Euro-Bonds gefordert, um die Schuldenkrise zu lösen. Jetzt bekommt das Kind einen neuen Namen, doch der Inhalt ist der Gleiche. Letztlich geht es um die kollektive Haftung für gemeinsam aufgenommene Schulden. Ja es ist richtig, dass Länder wie Italien und andere ein Schuldenproblem haben. Und ja, es ist richtig, dass deshalb diese Länder in der Corona-Krise besonders belastet werden. Doch derzeit können sich Italien und auch die anderen Euro-Staaten an den Finanzmärkten ausreichend finanzieren. Das ist nicht ihr eigener Verdienst, sondern der Intervention der EZB geschuldet. Sie hat ihr Anleihenaufkaufprogramm erweitert und dadurch die günstige Refinanzierung Italiens gesichert. Heute liegt der Spread auf italienische zehnjährige Staatsanleihen gegenüber deutschen Papieren unterhalb des Niveaus von 2018/2019 während der Koalition der Fünf-Sterne-Bewegung mit der Lega.

Das gilt auch für die anderen Euro-Staaten. 2008 mussten die Euro-Staaten für Schulden im Schnitt noch 4,59 Prozent bezahlen, 2018 waren es nur 2,11 Prozent. Geldknappheit scheint in Italien nicht das Problem zu sein, denn für die Verstaatlichung der maroden Fluglinie Alitalia hat die Regierung immerhin 500 Millionen Euro bereitgestellt. Zwar bin ich kein Freund des ESM, doch sollte der Euro als Ganzes gefährdet sein, dann stünden einzelnen Staaten Kredite des ESM zur Verfügung. Zwar ist die Corona-Pandemie keine hausgemachte Sache, doch die ökonomische und fiskalische Basis eines Landes auf die die aktuelle Pandemie trifft, sehr wohl. Daher gelten auch die Konditionalitäten eines ESM-Kredits. Geld gegen Programm. Oder besser, es kann nur Mittel aus dem gemeinsamen Topf geben, wenn das Nehmerland Veränderungen seiner Haushalts- und Schuldenpolitik vornimmt.

Corona-Bonds würden den Boden des ESM verlassen und ihn nicht nur auf die Euro-Staaten, sondern auf alle EU-Staaten ausdehnen. Dass die EU-Kommission dies befürwortet, ist klar. Sie wollte den ESM immer schon aus dem intergouvernementalen Bereich in das EU-Recht überführen, um letztlich mehr Macht und Einfluss zu gewinnen. Die Kommission hat jede Krise dazu genutzt, um diesem Ziel näher zu kommen. Mit Solidarität hat dies jedoch alles nichts zu tun. Corona- oder Euro-Bonds sind das Gegenteil von Solidarität. Sie kollektivieren die öffentliche Verschuldung in EU-Europa. Solidarität sind freiwillige Handlungen unter Menschen aus Mitgefühl oder Nächstenliebe. Der Geber erwartet für sein freiwilliges Handeln keine Gegenleistung, sondern allenfalls ein Dankeschön.

Unter Staaten ist Solidarität ohnehin kein passender Begriff, denn Staaten handeln interessengeleitet. Das ist unter souveränen Staaten nicht ungewöhnlich, denn die jeweiligen Staaten haben auf die Einnahme- und Ausgabenseite der anderen Staaten gar keinen oder nur einen bedingten Einfluss.

Doch was kann die EU tun, um einzelnen Staaten zu helfen? Drei Dinge: Erstens kann sie bei Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Ereignissen (Art. 122 ABS. 2 AEUV) Hilfe leisten. Dafür stehen ihr die Instrumente und Mittel im EU-Haushalt zur Verfügung. Zweitens muss sie sich für die Aufrechterhaltung des europäischen Binnenmarktes starkmachen. Nur wenn die Warenströme schnellstmöglich wieder grenzüberschreitend stattfinden, können die ökonomischen Folgen der Corona-Krise abgemildert werden. Grenzkontrollen innerhalb der EU sind daher Gift für die wirtschaftliche Erholung in Europa. Daher muss die EU-Kommission mit aller Macht darauf drängen, dass der grenzüberschreitende Warenverkehr schnellstmöglich ungehindert stattfinden kann. Und drittens: was für den Binnenmarkt gilt, muss erst recht für den Welthandel gelten. Die EU muss Vorreiter für eine Handelsliberalisierung in der Welt werden und mit gutem Beispiel vorangehen. Sie muss selbst Zölle und Handelsbeschränkungen abbauen. Wenn nicht gegenseitig, dann einseitig. Die Weltwirtschaftskrise ab 1929 hat insbesondere deshalb bis weit in die 1930er Jahre gedauert, weil die Industriestaaten, ausgehend von Amerika, sich eingeigelt und abgeschottet haben. Diesen Fehler sollten wir nicht erneut machen.

Erstmals erschienen bei Tichys Einblick.

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