Der französische Politiker und Ökonom Frédéric Bastiat sagte einmal, der Staat sei die große Fiktion, aufgrund derer jeder anstrebt, auf Kosten aller anderen zu leben. Besonders deutlich zeigt sich dies im Kredithunger des Staates. Mit jedem neuen Kredit wird der mögliche Konsum der Zukunft in die Gegenwart verschoben.
So lebt man auf Kosten und zulasten der nachfolgenden Generationen. Einigen europäischen Staaten gelingt es nun nicht mehr, Anleihen auf die Zukunft zu dem gewohnten Preis zu nehmen. Die privaten Geldgeber wollen den staatlichen Kreditappetit nicht länger befriedigen.
Dem knurrenden Magen will man nun entgehen, indem man den Kredithunger der Staaten gemeinsam zu stillen versucht. Man redet von Euro-Bonds, Stabilitätsanleihen, gemeinschaftlicher Haftung oder – wie jüngst an gleicher Stelle der Europaabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff – von Schuldentilgungspakten. Im Grunde bedeutet das alles dasselbe: Die Staaten sollen den Futtertrog zusammen benutzen und die Rechnung gemeinsam bezahlen. Die Hoffnung ist, dass ein größerer Trog auf gemeinsame Rechnung auch zu mehr Futter führt.
Die Wirkung des vergemeinschafteten Futtertrogs ist jedoch, dass nicht nur Anleihen auf die Zukunft, sondern zusätzlich bei den Nachbarn aufgenommen werden. Warum glaubt man eigentlich, dass ein Konzept im Großen funktionieren kann, das im Kleinen bereits gescheitert ist? Am Ende geht es doch nur um die eine Frage: Wer bezahlt das große Fressen? Bastiat wusste die Antwort genau. Eine Fiktion ist letztlich doch nicht mehr als eine irrige Annahme.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei „DIE WELT“. Er antwortet auf einen Gastkommentar von Alexander Graf Lambsdorff, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Europäischen Parlament
Leave a Reply