Eine Banklizenz mit gefährlichen Folgen

2008_01_zentralbank.jpgMöglicherweise liegt es an mangelnder Kreativität, dass nur ein einziges Mittel zur Lösung der Staatsschuldenkrise öffentlich breit diskutiert wird. Dieses Mittel ist die Bereitstellung von neuen und größeren Krediten an die Hochverschuldeten. Der jüngste und vielleicht gefährlichste Vorschlag wurde im August vorgestellt. Daniel Gros vom Centre for European Policy Studies hält es für „ganz klar“, dass der temporäre Rettungsschirm EFSF eine Banklizenz brauche. Dann könne er sich „bei der EZB refinanzieren und die gekauften Staatsanleihen als Sicherheit verwenden“, um „theoretisch unbegrenzte Summen für die Intervention“ zur Verfügung zu haben.

Der mit dem Chefvolkswirt der Deutschen Bank Thomas Mayer erarbeitete Vorschlag liegt der Fachöffentlichkeit vor. Richtigerweise sehen Gros und Mayer eine Ausweitung der Rettungsschirme kritisch. Eine Ausweitung benötigt den Erhalt des Triple A der Geberländer. Die Rettungsschirme gefährden schon das französische, bald aber auch das deutsche Triple A. Die Verschuldungskapazität der Noch-Geberländer ist begrenzt. Diese Grenzen sollen durch die Banklizenz für den Rettungsschirm monetär gesprengt werden. Gros und Mayer geben ehrlich zu, dass Puristen ihren Vorschlag nur als leicht verhüllte monetäre Finanzierung von Staatsschulden betrachten müssten.

Als monetäre Puristen stimmen wir zu: Eine Banklizenz für die Rettungsschirme schüfe das monetäre Perpetuum mobile. Der Rettungsschirm kauft Staatsschulden, hinterlegt diese als Sicherheit bei der EZB, bekommt Kredite von dieser, mit denen er weitere Staatsschulden kauft. Dann beginnt das Spiel von vorn. Die Folge ist bösartig: Der Euro wäre kein Gut mehr, mit dem man haushalten müsste. Denn haushalten muss man nur mit Gütern, die knapp sind. Aus gutem Grund sieht die Satzung der EZB vor, dass ihr wie auch den nationalen Zentralbanken der unmittelbare Erwerb von Schuldtiteln der Euro-Staaten verboten ist. Das ist das Verbot der monetären Haushaltsfinanzierung.

Nun soll nach dem vorliegenden Entwurf dem temporären Rettungsschirm der Euro-Staaten erlaubt werden, im Sekundärmarkt Staatsanleihen zu kaufen und sie im Primärmarkt zu zeichnen. So wird eine direkte Finanzierungsbeziehung zwischen dem öffentlichen Sektor und der EZB geschaffen. Eine den Euro-Staaten eigene Institution mit dem Zweck, die Verschuldungskapazität der Euro-Staaten zu erhöhen, die ihrerseits Zugang zur Zentralbank hat, bedeutet den Abschied vom geldpolitischen Ziel der Preisstabilität. Auf private Geschäftsbanken wäre die Euro-Zone zur Staatsfinanzierung nicht mehr angewiesen. Die Euro-Zone träte in Konkurrenz zu den Geschäftsbanken um die von der EZB angebotene Geldmenge. Um eine Verdrängung der Privatbanken bei der Geldmengenzuteilung zu verhindern, müsste die EZB die angebotene Geldmenge ausweiten. Das durchlöchert die Regeln, mit denen der Euro einem künstlichen Preismechanismus unterworfen wird. Die Euro-Zone bekäme als Folge der Monetisierung eine hohe Inflation. Schlimmer noch: Die Monetisierung der Staatsschuld war immer der erste Schritt in den Zusammenbruch einer Währung. Gros und Mayer behaupten, ihr Vorschlag sei alternativlos im modernen System. Der Wunsch nach Stabilität des Finanzsystems lasse keinen Ausweg. Die Zentralbank müsse „lender of last resort“ für Staaten und Banken sein.

Doch die Alternative existiert. Die Rückkehr zu gesundem Geld ist möglich und wünschenswert. Nur mit gesundem Geld funktioniert der Preismechanismus. Gesundes Geld kann es nicht geben, wenn für knappe Güter mit nicht knappem Zentralbankgeld bezahlt wird, das aus dem Nichts geschöpft wird. Ungehemmt geschöpftes Geld hat seine soziale Funktion verloren, Knappheitspreise anzuzeigen. Unser Geld muss seine Aufgabe erfüllen können. Es ist nur gesund, wenn es dem ökonomischen statt dem politischen Prinzip unterworfen ist. Nichts könnte das besser gewährleisten als die Entnationalisierung des Geldes. Die hat Friedrich August von Hayek bereits 1976 in seinem gleichnamigen Buch gefordert. Geld- und Währungspolitik sind die Wurzel, nicht die Heilung des derzeitigen Übels. Eine wettbewerbliche, von Eigeninteressen und den Prinzipien von Angebot und Nachfrage getragene Geldordnung würde die Geldproduktion besser disziplinieren als jede noch so unabhängige Zentralbank.

Dieser Beitrag erschien zuerst im Handelsbslatt.

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