Eine Reise in die Vergangenheit

Während in diesen Tagen im Deutschen Bundestag und vor allem in den Hinterzimmern der Bundesregierung hart über das richtige Bad-Bank-Konzept gerungen wird, spitzt sich auch die Lage der Landesbanken zu. Die nach Bilanzsumme größte von ihnen, die LBBW, hat 2008 einen Verlust von über zwei Milliarden Euro erwirtschaftet, die Bayern LB sogar von über fünf Milliarden Euro, die HSH Nordbank von 2,7 Milliarden Euro und die WestLB ist gar in ihrer Existenz bedroht. Von verschiedener Seite wird anführt, die Landesbanken hätten kein tragfähiges Geschäftsmodell. Das stimmt.

Nur ist das nicht neu. Als im Dezember 1999 eine Beihilfebeschwerde der Privatbanken gegen die staatlichen Haftungsinstrumente Anstaltslast und Gewährträgerhaftung der Sparkassen und Landesbanken bei der EU-Kommission einging, fand ein Aufschrei des öffentlich-rechtlichen Bankensektors in Deutschland statt.

In der Folge war klar, dass das bis dahin praktizierte Geschäftsmodell der Landesbanken, Geschäfte auf der Grundlage einer günstigen, da staatlich garantierten Refinanzierung zu machen, nicht mehr dauerhaft durchführbar sein würde. Um das aus ihrer Sicht Schlimmste zu verhindern, hat sich am 17. Juni 2001 ein Bund-Länder-Gruppe unter der Leitung des Finanzstaatssekretärs Koch-Weser, an der der heutige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück als Finanzminister von Nordrhein-Westfalen beteiligt war, mit EU-Wettbewerbskommissar Monti auf die sogenannte „Verständigung I“ geeinigt. Danach sollten die staatlichen Garantien auslaufen.

Fatal war jedoch, dass eine großzügige Übergangsregelung vereinbart wurde. Für Verbindlichkeiten bis zum 18. Juli 2001 galt die Gewährträgerhaftung unbegrenzt fort. Für Verbindlichkeiten, die zwischen dem 19. Juli und dem 18. Juli 2005 eingegangen wurden, galt diese Garantie bis zum 31.12.2015.

Dieser „Kompromiss“ ist Ursache für die heutige Schieflage fast aller Landesbanken, denn die Zeit zwischen 2001 und 2005 haben die Landesbanken in hemmungsloser Weise genutzt: Insgesamt wurden so Schulden in der Größenordnung von 427 Milliarden Euro verbürgt. Die BayernLB ist mit 100 Milliarden Euro dabei, die LBBW ebenfalls mit rund 100 Milliarden Euro, die WestLB mit 70 Milliarden Euro, die HSH Nordbank mit 65 Milliarden Euro, die NordLB mit 37 Milliarden Euro, die Helaba mit 35 Milliarden Euro und die Landesbank Berlin mit 20 Milliarden Euro. Diese zugeflossene Liquidität wurde nicht in den deutschen Mittelstand investiert, sondern wurde vor allem im US-Immobilienmarkt versenkt.

Mit Fug und Recht kann man heute feststellen: Hätte es die Übergangsregelung nicht gegeben, wäre die Haftung für den Steuerzahler erheblich geringer ausgefallen und die Landesbanken hätten sich spätestens 2001 über ein neues Geschäftsmodell unter Marktbedingungen kümmern müssen. Wenn Peer Steinbrück von Berlin aus auf die Situation der Landesbanken blickt, dann schaut er auf seine eigene Vergangenheit. Er hat diese Krise selbst mit geschaffen.

Dieser Beitrag erschien auch bei ef-online.

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