Es gibt keine einfachen Lösungen für Griechenland

Pressefoto11-2011-3.jpgInterview mit der Landeszeitung

Der Bundestag wird voraussichtlich am 27. Februar über das neue 130-Milliarden-Euro-Hilfspaket für Griechenland abstimmen. Werden Sie mit Ja oder Nein stimmen?
Frank Schäffler: Zum jetzigen Zeitpunkt werde ich mit Nein stimmen. Wir wissen zwar noch nicht, was genau zur Abstimmung vorliegt, aber eines ist klar: Die Annahmen, die bisher getroffen wurden, sind viel zu optimistisch was etwa die Wachstumsausssichten betrifft — und dann werden wir uns ganz schnell über ein drittes Griechenland-Paket unterhalten müssen.

Die Bundesregierung hat gerade Gerüchte dementiert, wonach sie eine Staatspleite Griechenlands für unvermeidbar und akzeptabel hält. Halten Sie eine Pleite für vermeidbar?
Schäffler: Nein, im Kern ist Griechenland pleite, sonst könnte es sich am Markt refinanzieren. Diese Refinanzierbarkeit ist das Kriterium für Staatspleiten. Dass nun ein Schuldenschnitt stattfinden soll mit privaten Gläubigern, zeigt, dass die Schuldentragfähigkeit nicht gegeben ist.

Welche Alternativen sehen Sie denn zur Rettung Griechenlands?
Schäffler: Es gibt keine einfachen Lösungen für Griechenland. Das Land wird eine sehr schwere Zeit durchleben. Zur Lösung des Problems muss es einen harten, umfassenden Schuldenschnitt geben und einen Austritt aus der Währungsunion geben, weil dies die Voraussetzung dafür ist, dass Griechenland zumindest preislich wieder wettbewerbsfähig wird. Im Euroraum würde der Anpassungsprozess viel zu lange dauern — das hält keine Demokratie der Welt aus.

Wenn Griechenland zur Drachme zurückkehren würde, käme es sehr schnell zur drastischen Abwertung dieser Währung. Griechische Unternehmer könnten dann ihre Kredite aus der Eurozeit nicht mehr bedienen und würden pleite gehen.
Schäffler: Deshalb sagte ich ja, es müsste einen umfassenden Schuldenschnitt geben. Griechenland kann seine Schulden ohnehin nicht bedienen, deshalb müssen wir der Wahrheit ins Auge sehen. Der Schnitt, der jetzt stattfinden soll, führt Griechenland 2020 auf das Verschuldungs-Niveau von 2009, nämlich auf rund 120 Prozent Verschuldung im Vergleich zur Wirtschaftsleistung. Das löst aber das Problem nicht, sondern schiebt es nur auf.

Nur ein harter Schuldenschnitt hilft?
Schäffler: Nein, Griechenland muss auch den Währungsraum — zumindest vorübergehend — verlassen. Allgemein muss der Druck auf alle Länder, die das Schuldenkriterium nicht erfüllen, stark erhöht werden.

Das soll mit dem neuen, von der EU beschlossenem schärferen Stabilitätspakt schon passieren…
Schäffler: …Wir wissen doch: Papier ist geduldig– gerade im europäischen Einigungsprozess. Der Euro ist das beste Beispiel dafür. Viele Verträge und Vereinbarungen waren am Ende nicht durchsetzbar. Ich will den neuen Stabilitätspakt nicht schlechtreden, aber wir haben jetzt ein Problem der Währungsunion und nicht erst in zehn Jahren.

Wird die Rettung Griechenlands für Deutschland nicht auch bei einem harten Schuldenschnitt teuer, weil die EZB griechische Anleihen in Milliardenhöhe gehortet hat und Deutschland auch über diesen Weg belastet würde?
Schäffler: Es gibt keine billigen Lösungen mehr. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir bereits im Mai 2010 auf den ersten Griechenland-Rettungsschirm verzichtet. Dann wäre es Tausend Mal preiswerter und einfacher gewesen. Jetzt ist es Tausend Mal schwieriger, aber immer noch Tausend Mal einfacher, als wenn wir weitere zwei Jahre warten, denn dann gibt es kaum noch private, sondern nur noch staatliche Gläubiger Griechenlands– dann würden wir noch stärker drinstecken, der Schuldenschnitt wäre noch schwieirger. Es gibt also nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Ich meine, wir sollten der Wahrheit lieber jetzt ins Gesicht schauen und dem schlechten Geld kein gutes hinterherwerfen. Es gibt kein historisches Beispiel , wo ein Land über einen so langen Zeitraum versucht hat, sich zu konsolidieren. Wir versuchen aber, eine historische Einmaligkeit herzustellen — das klappt aber nicht und spaltet Europa. Der Euro sollte eigentlich die Krönung der europäischen Einigung sein, führt aber zur Spaltung. Einige haben mitgemacht, andere nicht. Eine Einigung kann nur funktionieren, wenn sich alle an die Regeln halten, wenn es rechtstaatliche Prinzipien gibt, wenn die Marktwirtschaft gilt.

Der von Ihnen initiierte Mtigliederentscheid zum dauerhaften Rettungsschirm ESM hat in der Öffentlichkeit das Bild von einer zerrissenen FDP manifestiert. Würden Sie einen solchen Schritt wiederholen?
Schäffler: Ja, absolut. Denn der Schritt hat auch gezeigt, dass die FDP um den richtigen Weg in der Euro-Frage ringt. Das Ergebnis von fast 50 zu 50 — mit leichten Vorteilen für den Bundesvorstand — hat gezeigt, dass die FDP in dieser Frage nicht so einheitlich agiert, wie man das lange suggeriert hat. Im übrigen habe ich es nicht als Streit empfunden, sondern als notwendige Auseinandersetzung mit einem schwierigen Thema. Das sollten uns andere Parteien nachmachen.

Ist Herr Lindner über diesen Mitgliederentscheid gestolpert?
Schäffler: Das weiß ich nicht abschließend. Sicherlich hat die Parteiführung im Mitgliederentscheid nicht fair gespielt. Wir haben es versäumt, mehr aus diesem Mitgliederentscheid zu machen. Das bedauere ich außerordentlich, denn wir sind als FDP in einer außerordentlich schwierigen Lage.

Laut einer neuen Forsa-Umfrage ist die FDP schon wieder bei zwei Prozent angelangt. Wie kann ihre Partei dieses Tal denn verlassen?
Schäffler: Die FPD muss reden und handeln wieder stärker in Einklang bringen. Wir stecken in einem Dilemma: Wir haben hohe Erwartungen geweckt, aber zu wenig erfüllt. Das müssen wir wieder ändern. Dem Bürger muss klar sein, wofür die FDP steht, auch wenn es eng wird, auch wenn wir streiten bis zur Schmerzgrenze. Wir dürfen nicht liberale Prinzipien der Regierungspolitik opfern. Es muss erkennbare Brandmauern für die FDP in einer Regierung geben. Dazu müssen wir mit allen Konsequenzen stehen.

War die Partnerschaft mit der Union eine Illusion, weil schon die SPD letztlich an der starken Kanzlerin gescheitert ist?
Schäffler: Wir sind vielleicht doch ein bischen blauäugig in diese Koalition gegangen. Aber es gibt immer Zwei: Einen, der mit dem anderen so umgeht und den, der das zulässt. Wir haben es lange Zeit zugelassen. Künftig müssen wir in entscheidenden Fragen wie Euro, Energiepolitik, Vorratsdatenspeicherung und anderen Theman den Rücken gerademachen. Wir müssen uns als umfassende Rechtsstaatspartei — unserer Kernmarke — profilieren. Wir müssen also nicht nur im klassischen Rechtsstaatsbereich gut erkennbar sein.

Rechnen Sie damit, dass der FDP eine Profilierung unter einer neuen Parteispitze gelingen wird?
Schäffler: Es ist wichtig, dass die FPD erkennbar wird an den Personen und am Inhalt. Und daran mangelt es offenkundig.

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