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FAZ: Stein auf Stein zur europäischen Schuldenunion

(Foto: EU Symbol von Christiaan Colen (CC BY-SA 2.0) auf Flickr)

Von Klaus-Peter Willsch und Frank Schäffler

Jean-Claude Juncker hat gestern vorgeschlagen den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) in einen Europäischen Währungsfonds (EWF) umzuwandeln. Ein solcher EWF soll nicht mehr unter der Kontrolle der Mitgliedsstaaten stehen, sondern von einem europäischen Finanzminister überwacht werden, welcher gleichzeitig als Vizepräsident der Europäischen Kommission fungiert.

Die Vorschläge einer solchen Kompetenzverlagerung nach Brüssel ergänzen sich mit den jüngsten Ideen des ESM-Chef Klaus Regling, nicht ausgereichte Mittel aus dem dritten Griechenlandpaket für eine vorzeitige Schuldentilgung anderer Gläubiger des Schuldenstaates zu nutzen. Von dem 86 Milliarden Euro schweren Paket des ESM wurden bislang nämlich nur rund 40 Milliarden Euro ausgezahlt. Der Rest soll offenbar dafür verwendet werden, vorzeitig die verhältnismäßig „teuren“ IWF-Kredite aus dem zweiten Griechenlandpaket zu tilgen. Die ursprünglich hochgehaltene Proportionalität von Hilfen des IWF und der Euro-Mitgliedsstaaten würde so vollends aufgegeben.

Es würde dann nur noch ein Schuldner-Gläubiger-Verhältnis zwischen Griechen und einer zunehmend zentralisierten Eurogruppe bestehen. Während bei Letzterer bis jetzt schon immer ein wenig das „Prinzip Hoffnung“ regierte, war der IWF stets nüchterner. Nicht erst beim dritten Griechenlandpaket stellte der IWF die Schuldentragfähigkeit Griechenlands grundsätzlich infrage.

Dass der IWF überhaupt seit 2010 dabei ist, lag am Drängen des Bundestages.
9,8 Milliarden Euro dieser IWF-Kredite sind noch nicht zurückgezahlt. Der Zins dieser Kredite liegt je nach Ausreichungszeitpunkt zwei bis drei Prozentpunkte über dem vergleichbarer ESM-Kredite. Zinsen die Griechenland sich gerne ersparen würde. Wenn jedoch jetzt das Prinzip der Parallelität der Rückzahlung vollends aufgegeben wird, geht mit dem IWF die letzte unabhängige Institution von Bord, welche ein Korrektiv zur immer stärkeren Schuldenvergemeinschaftung in der Europäischen Union beitragen könnte.

Juncker hat betont, dass der derzeitige wirtschaftliche Aufschwung in der Eurozone, den günstigsten Zeitpunkt für seine geplante Zentralisierung darstellt. Ein Blick nach Griechenland zeigt allerdings ein ganz anderes Bild. Der Schuldenstand liegt bei 326 Mrd. Euro, also rund 46 Mrd. Euro höher als nach dem letzten Schuldenschnitt Griechenlands 2012. Und selbst die positiv gemeldeten Haushaltsdaten sind auf den zweiten Blick wenig hoffnungsfroh. Zwar liegt der Primärüberschuss bis Oktober 2017 bei etwa 5,3 Mrd. Euro, dieser schmilzt nach Abzug der ohnehin subventionierten Zinszahlungen auf mickrige 145 Millionen Euro zusammen. Werden Steuerrückzahlungen, weitere Zahlungen an den staatlichen Sektor sowie Rückstellungen für die Renten berücksichtigt, wird aus einem Plus ein Defizit von 1,6 Mrd. Euro.

Ernüchternd ist auch die Situation der Wirtschaft in Griechenland. Seit 2008 hat Griechenland 45 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes eingebüßt. Wie kaputt die Wirtschaft ist, zeigt zudem die Summe der notleidenden Kredite in den Büchern der Banken: Insgesamt sind 44,6 Prozent der Kredite faul. So werden unteranderem 53,2 Prozent der Konsumenten- und 43,3 Prozent der Unternehmenskredite werden nicht mehr ordentlich bedient.

Wie häufig in der europäischen Politik haben Regling und Juncker somit einen weiteren Schritt zur Zentralisierung europäischer Institutionen eingeleitet. Beide Vorschläge zielen auch auf mehr Machtkonzentration in Brüssel. Juncker unterscheidet sich von Regling lediglich in der Frage, ob die Kommission oder die Euro-Gruppe die entscheidende Geige spielt. Doch beide eint das Ziel, erstmal den Fuß in der Tür zu bekommen, dann kann in den Folgejahren die Tür immer weiter aufgestoßen werden.

Die Zentralisierung und Sozialisierung von Risiken war und ist der falsche Weg. Griechenland empfindet die Fremdbestimmung durch die „Institutionen“ als demütigend. Egal wen die Bürger in Griechenland wählen, sie bekommen immer einen fremden Sparkommissar vorgesetzt. Und die Euro-Staaten fragen sich, warum sie selbst ihre Probleme lösen sollen, wenn doch mit einem Europäischen Währungsfonds für insolvente Staaten, einem Notfallfonds für wirtschaftliche Notlagen oder einem Backstopp für die Bankenabwicklung fremdfinanzierte Krisenmechanismen als Hoffnungsschimmer am Horizont erscheinen. Plötzlich kann die eigene Staatsverschuldung sehr leicht auf eine ganz neue, nämlich europäische Ebene gehoben werden.

Neue Regeln müssen den Dreiklang aus Risiko, Haftung und Verantwortung im Blick haben. Griechenland muss möglichst geordnet aus dem Euro geführt werden. Dies würde nicht nur Griechenland einen echten Neustart ermöglichen, sondern gleichzeitig auch ein Signal an die übrigen Euro-Staaten senden, dass die Verletzung gemeinsamer Regeln die Mitgliedschaft im Euro- Club gefährdet. Und auf Junckers und Reglings Forderungen nach mehr Zentralismus sollte Deutschland mit mehr Eigenverantwortung antworten.

Zuerst erschienen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 09.12.2017.

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