Haben die „Schirmherren“ eine Alternative?

Finanzexperten plädieren für Wettbewerb um eine bessere Geldordnung

München, 4. Februar 2011 – Warum kein Wettbewerb um das beste Geld? Um diesen provozierenden Gedanken drehte sich gestern im Hotel Bayrischer Hof, München, unter der Leitung von Karl Reichmuth (Reichmuth & Co., Luzern) und Frank Schäffler (MdB – FDP) die hochkarätig besetzte Veranstaltung „Zivilcourage und freies Marktgeld – fehlt uns der Mut für eine neue Geldordnung?“

Vor mehr als 80 Teilnehmern eröffnete der renommierte Soziologe Erich Weede den Kongress mit der Darstellung der „Widerstände gegen eine marktwirtschaftliche Ordnung in westlichen Gesellschaften.“ Da der Staat ein potentieller Inflationsgewinner ist, haben die staatlichen Akteure keinerlei Interesse an einem stabilen Geldsystem. Darüber hinaus befriedigt die politische Klasse aufgrund von Anreizsystematiken und Informationsasymmetrien primär Partikularinteressen einzelner Gruppen. Eine Lösung dieses Dilemmas sah Weede in Volksreferenden, auch und gerade im Bezug auf Finanzfragen, sowie einem starken föderalen Steuerwettbewerb, ähnlich dem der Schweiz.

Norbert F. Tofall, wissenschaftlicher Mitarbeiter Frank Schäfflers und Lehrbeauftragter der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder, skizzierte daraufhin in seinem Vortrag einen „Neustart ohne Systemzusammenbruch. Eine neue Rolle für die Zentralbanken als notwendige Bedingung für die Durchsetzung einer marktwirtschaftlichen Geldordnung“.

Tragender Faktor ist hier die Idee eines freien Marktgeldes. In einem solchen System haben die Marktakteure die freie Wahl, was sie als Geld akzeptieren wollen. Dies kann und sollte sich evolutionär entwickeln, explizit parallel zu dem herrschenden Monopolgeld des Staates. Hierfür allerdings müssen die Zentralbanken in die Rolle der Insolvenzverwalter für normale Geschäftsbanken schlüpfen und einzig und allein Sorge für die Aufrechterhaltung des Zahlungsverkehrs tragen. Ihre bisherige Rolle als Geldmonopolisten und Kreditgeber der letzten Instanz müssen sie aufgeben.

Der Chefvolkswirt von Barclays Capital Deutschland, Prof. Dr. Thorsten Polleit, erläuterte anhand der Theorien und Überlegungen von Ludwig von Mises und anderen Vertretern der österreichischen Schule der Nationalökonomie, weshalb Geld ursprünglich immer ein Gut gewesen ist. Auf diesen Überlegungen aufbauend sieht er in der Anbindung des derzeit herrschenden Fiat-Geldsystems (fiat, lat. = es werde) an Gold die Möglichkeit, einen Totalverlust des Fiat-Gelds zu verhindern. Er betrachtet diesen Schritt als Vorstufe auf dem Weg zu einer vollständigen Privatisierung des Geldsystems.

Der Schweizer Privatbankier Karl Reichmuth legte in seinem Vortrag „Vom kranken Staatsgeld zum stabilen Privatgeld“ dar, dass auch in einer wettbewerblichen Geldordnung das Geld nicht zwingend gedeckt sein müsste. Sein Konzept der RealUnit basiert auf der Überlegung, dass Geld auch dann wertstabil bleibt, wenn seine Menge nicht schneller wächst als die Summe aller volkswirtschaftlichen Güter. Entsprechend stellt ein RealUnit-Anteil immer einen gleichen Anteil des Bruttoinlandsproduktes dar.

Zum Abschluss analysierte Prof. Dr. Markus C. Kerber, Professor an der TU Berlin und einer der Beschwerdeführer gegen die Griechenlandhilfe und den Euro-Rettungsschirm, die „Ausstiegsmöglichkeiten und die Ausstiegspflichten aus dem Euro“. In seinem Vortrag stellte er fest, dass es dringend eines Sanktionsmechanismus bedürfe, um den durch den Rettungsschirm entstandenen „Moral Hazard“ zu unterbinden. Er erklärte allerdings auch, dass den südlichen Staaten des Euroraums mit einem Ausscheiden aus dem Euroraum kaum geholfen sei. Die auf Euro lautenden Schulden würden ja weiterhin bestehen und dann sogar noch drückender auf ihnen lasten, da die jeweilige neue Landeswährung sofort dramatisch abgewertet würde. Vielmehr müssten die Nordstaaten, zu denen auch Deutschland gehört, den Euroraum verlassen und gemeinsam mit zum Beispiel Schweden einen weiteren Währungsraum eröffnen. Das Ausscheiden aus dem Euroraum sei sogar verfassungsrechtlich geboten. 1993 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass die Bundesrepublik Deutschland den Euroraum zu verlassen habe, wenn die steuerliche Souveränität nicht mehr gegeben sei. Da mit der Einrichtung des europäischen Rettungsschirms derzeit 70% (Tendenz steigend) der Steuereinahmen Deutschlands verpfändet wurden, ist aus Kerbers Sicht die steuerliche Souveränität nicht mehr gegeben und die Grenze der europäischen Integration erreicht.

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