Frank Schäffler

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Hongkong braucht Unterstützung – nicht nur von Boris Johnson

Photo by 🇨🇭 Claudio Schwarz | @purzlbaum on Unsplash

Boris Johnson bietet Hongkong-Chinesen die erleichterte Einbürgerung in Großbritannien an. Das ist nachahmenswert. Das immer schärfere Vorgehen gegen die Demokratiebewegung in Hongkong sollte den Westen motivieren, die eigene Zurückhaltung gegenüber China zu überdenken.

Das ist eine wunderbare Idee, die Boris Johnson jetzt in einem Beitrag in der Times präsentiert hat. Er bietet den Bürgern Hongkongs die Einwanderung und erleichterte Einbürgerung in Großbritannien an. Der britische Premierminister begründet diesen Schritt mit dem Verstoß Chinas gegen das Prinzip „Ein Land zwei Systeme“, das der frühere Staatspräsident Deng Xiaoping geprägt hat. Es war das Versprechen Chinas an die Hongkong-Chinesen, als sie 1997 den Anschluss von Großbritannien an China vollziehen mussten, dass sie ihre autonomen Freiheiten gegenüber dem kommunistischen China behalten dürfen. Als Hongkong damals nach 156 Jahren seinen Status als britische Kronkolonie verlor und der Volksrepublik China eingegliedert wurde, hatten Großbritannien und China vereinbart, den Sonderstatus Hongkongs für mindestens 50 Jahre aufrecht zu erhalten. 

Die anfängliche Unsicherheit ist schon lange der Ernüchterung gewichen. Seit nunmehr 16 Jahren finden mehr oder weniger heftige Auseinandersetzungen mit der von Peking gesteuerten Obrigkeit statt. Insbesondere Studenten und junge Hongkong-Chinesen wollen ihre Freiheit nicht preisgeben. Freie Wahlen, die die Wahl des Regierungschefs einschließen, sollten bereits für 2017 stattfinden, doch immer noch wird der Regierungschef faktisch von Peking aus bestimmt. Dieser Bruch der Zusagen war der jüngste Auslöser der Proteste. Die Proteste gegen das Auslieferungsgesetz von Straftätern an Festlandchina waren seit letztem Jahr die bis dahin längsten und erbittertsten. Und jetzt zieht China mit einem „Sicherheitsgesetz“ für Hongkong die Schlinge weiter zu und stellt damit oppositionelle Handlungen unter Strafe.

Dies alles wird auch im Nachbarland Taiwan mit großer Aufmerksamkeit beobachtet. Denn auch hier spricht China von „einem Land und zwei Systemen“ und begründet damit die internationale Vertretung Taiwans durch Festlandchina selbst. Eine Konsequenz dieses Anspruchs ist freilich das Verdrängen Taiwans aus sämtlichen Organisationen der internationalen Kooperation wie UN und WHO. Sollte Hongkong seinen Sonderstatus verlieren, steht auch der Annexion Taiwans immer weniger im Wege. 

Angesichts dieser bedrohlichen Lage ist der Vorstoß von Boris Johnson folgerichtig und mutig. Die besondere Rolle Großbritanniens in der Beziehung zu Hongkong drückt sich schon darin aus, dass von den 7,5 Millionen Hongkong-Chinesen fast 3 Millionen noch unter den Status von Bürgern eines britischen Überseegebietes fallen und daher visafrei in Großbritannien einreisen können. In Anknüpfung daran schlägt Johnson jetzt vor, den Einreisenden aus britischen Überseegebieten eine zwölfmonatige Arbeitsgenehmigung zu erteilen, die danach verlängert werden und anschließend den Weg zur Einbürgerung eröffnen kann.

Der Schritt Johnsons ist ein Paradigmenwechsel in der Auseinandersetzung mit China. Über viele Jahre haben die westlichen Demokratien, von den USA einmal abgesehen, bei den tapferen Protesten in Hongkong weggeschaut – Deutschland vorneweg. Das immer schärfere Vorgehen gegen die Demokratiebewegung in Hongkong sollte den Westen motivieren, die eigene Zurückhaltung zu überdenken. Nicht nur Großbritannien ist hier am Zug, sondern auch die EU und Deutschland. Es wäre doch ein kluger Schritt, bei den stockenden Verhandlungen über das künftige Abkommen zwischen der EU und Großbritannien einen eigenen Status für die Bewohner Hongkongs zu vereinbaren und diesen den visafreien Zugang zum Schengen-Raum und dessen Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

Man könnte so drei wichtige Wegmarken setzen: Einerseits würde man zeigen, dass das Vereinigte Königreich und die EU weiterhin willens sind, auf Basis eines breiten gemeinsamen Werte-Konsens im Sinne der Freiheit in dieser Welt gemeinsam zu handeln. Andererseits würde die EU und insbesondere Deutschland den oft exzellent ausgebildeten, zielstrebigen und freiheitsliebenden Hongkong-Chinesen eine Einwanderungsperspektive und eine neue Heimat bieten. Die Banker, Programmierer und Biochemiker, die dort immer mehr in die Enge gedrängt werden, sind genau das Potential, das unsere Corona-gelähmte Wirtschaft jetzt brauchen kann. Und schließlich könnten wir endlich mal wieder Farbe bekennen, worum es in Europa eben auch geht. Denn der Kampf der Menschen in Hongkong ist auch ein Kampf für das, was uns als kostbarstes Erbe in Europa gilt.

Man kann die blumige Präambel des Lissabon-Vertrages dann mal wieder mit Leben füllen, die sich beruft auf das „kulturelle, religiöse und humanistische Erbe Europas, aus dem sich die unverletzlichen und unveräußerlichen Rechte des Menschen sowie Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit als universelle Werte entwickelt haben.“ Momentan tun das nämlich am ehesten die zuletzt vielgeschmähten Briten.

Die Kolumne erschien zuerst auf Tichys Einblick.

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