Kolumne: Dinner for One oder: Der Euro-Austritt Griechenlands

Kolumne: Dinner for One oder: Der Euro-Austritt Griechenlands

imageNicht nur der 90. Geburtstag von Miss Sophie zu Silvester ist ein Klassiker, sondern auch die wiederkehrende Diskussion um den Austritt Griechenlands aus dem Euro. Im Frühjahr 2010, als Griechenland zu Beginn der Staatsschuldenkrise im Euroraum vor dem Abgrund stand, war dies bereits ein Thema, denn die Nichtbeistandsklausel in den Europäischen Verträgen verbot eine Schuldenübernahme durch andere Eurostaaten. Die Geschichte ist bekannt: Die Staatengemeinschaft setzte sich darüber hinweg, wischte die Verträge und damit das Recht beiseite und half Athen und seinen Gläubigern mit inzwischen rund 260 Milliarden Euro aus der Patsche.

Doch auch in den Folgejahren gab es immer wieder Debatten um den Austritt der Hellenen, immer dann, wenn das Parlament sich mal wieder auflöste und Neuwahlen anstanden. So war Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble im Mai 2012 der Meinung, dass die Eurozone einen Austritt Griechenlands verkraften könne. „Wir haben in den letzten zwei Jahren viel gelernt und Schutzmechanismen eingebaut“, so Schäuble forsch. Schon damals drohte die linksextreme Partei Syriza im Falle ihres Wahlsiegs mit einem Stopp der von der Troika aus EZB, IWF und EU-Kommission oktroyierten Sparmaßnahmen. Deren Parteiführer Alexis Tsipras erkannt früh, dass Griechenland in einer viel stärkeren Position ist, als es die „Euro-Retter“ öffentlich zugeben wollen. Aus mehreren Gründen:

Erstens: Von den 322 Milliarden Euro Schulden Griechenlands halten inzwischen 80 Prozent die Euro-Staaten über die diversen Hilfsprogramme sowie die EZB. Würde Griechenland austreten, wären die Verluste für die Steuerzahler sofort kassenwirksam. Daran hat keine Regierung im Euro-Club ein Interesse – auch sie wollen wiedergewählt werden.

Zweitens: Griechenland wird die Verschuldung, die inzwischen über 175 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung beträgt, unter normalen Zinsbedingungen niemals dauerhaft bedienen können. Die Aussichtslosigkeit dieses Unterfangens wissen alle Beteiligten – auch die Griechen.

Drittens: Das Euro-Projekt ist kein ökonomisches, sondern ein politisches. Es folgt einem höheren Ziel. Das Ziel eines europäischen Superstaates. Ein Austritt eines Landes aus dem Euro würde in der EU-Nomenklatura als Rückschritt empfunden. Schon deshalb hat man im Sommer 2013 mit Zypern selbst eine halbe Insel „gerettet“, deren größte Bank kleiner war als die Hamburger Sparkasse. Und dies, obwohl selbst nach den gerade beschlossenen Regeln des Europäischen Stabilitätsmechnismus ESM, die Eurozone als Ganzes gefährdet sein musste, damit mit Krediten und Bürgschaften geholfen werden darf.

Jetzt gibt es Ende Januar erneut Neuwahlen in Griechenland. Jedoch anders als 2012 führt die linksextreme Syriza in Umfragen klar vor der regierenden Nea Dimokratia des Ministerpräsidenten Antonis Samaras. Und erneut diskutieren alle rauf und runter über den Austritt Griechenlands aus dem Euro. Der Austritt Griechenlands habe seinen Schrecken für die Banken und die Finanzmärkte verloren, heißt es. Der IWF hat die Auszahlungen weiterer Tranchen bis auf den Zeitpunkt nach der Wahl verschoben, um den Druck auf die Bevölkerung zu erhöhen. Dieses Säbelrasseln mit stumpfen Holzschwertern ist zu durchsichtig, als dass es nicht als solches in Griechenland erkannt wird. Sehr wahrscheinlich wird Alexis Tsipras die Wahl gewinnen und die neue Regierung Griechenlands anführen.

Dann kommt es zum Schwur. Doch diese Klärung ist gut. Denn von Anbeginn an wurde versucht, Zeit zu gewinnen. Doch trotz aufgezwungenen Reformen ist die Verschuldung absolut und relativ höher als 2010. Die zarten Pflänzlein in der Wirtschaft, insbesondere im Tourismus, sind zwar erfreulich, reichen aber nicht, um dauerhaft den weiterhin aufgeblähten Staatsapparat und die Schuldenlast zu finanzieren. Und solange niemand in Griechenland investiert, sogar die Griechen selbst lieber in Londoner Immobilien anlegen statt in ihr eigenes Land, solange werden die Probleme nicht kleiner, sondern immer größer.
Alexis Tsipras schlägt zur Lösung der Krise in Griechenland eine internationale Schuldenkonferenz nach dem Vorbild der Londoner Schuldenkonferenz von 1953 vor, als die Zahlungsverpflichtungen Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg geregelt wurden. Diesen Vorschlag sollte die Staatengemeinschaft aufgreifen. Jedoch nur unter einer Bedingung:_Griechenland muss im gleichen Atemzug bereit sein, aus dem Euro auszutreten. Denn eines sollte allen Euro-Romantiker klar sein: lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

Dieser Beitrag erschien zuerst in meiner regelmäßigen Kolumne ‚Ich bin so frei!‘ in der Fuldaer Zeitung

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