Rede zu Protokoll
zu TOP 37 neu
Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP
Für effektive EU-Regeln zur Beteiligungstransparenz an börsennotierten Unternehmen und die Möglichkeit des Stimmrechtsverlustes von Aktionären bei Verstößen gegen Meldepflichten aus den §§ 25, 25a des Wertpapierhandelsgesetzes in der Fassung des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes
(Drs. 17/9940)
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
mit unserem Antrag führen wir der Bundesregierung bei den Verhandlungen über den Vorschlag der Europäischen Kommission zur Transparenzrichtlinie in einer Detailfrage die Feder. Es geht um die Transparenz von Beteiligungsverhältnissen an börsennotierten Aktiengesellschaften. Wer eine Beteiligung an einer börsennotierten Aktiengesellschaft erwirbt oder ausbaut, muss dies offen legen. Das ist schon lange so. Problematisch sind Verstöße gegen diese Transparenzpflicht. Wir müssen uns mit der Frage befassen, was passieren soll, wenn jemand eine Beteiligung nicht meldet, die er melden muss. Ganz einfach ist dies nicht zu beantworten. Das liegt an dem Spannungsfeld, in dem wir uns hier bewegen.
Zunächst ist da die Frage der Sanktionierung eines Verstoßes. Im Grunde stehen uns hier nur Bußgelder zur Verfügung. Doch diese haben keine ausreichende abschreckende Wirkung. Wer eine Milliardenübernahme stemmt, der stört sich nicht an einem Millionenbußgeld. Das ist der Grund, warum wir schon seit längerem über eine Aussetzung des Stimmrechts nachdenken. Damit könnten wir das nötige Abschreckungsniveau erreichen. Es stört den Übernehmer empfindlich, wenn er die Stimmrechte aus unter Verstoß gegen die Transparenzvorschriften erworbenen Anteilen nicht ausüben darf.
Dann aber laufen wir in ein Problem der Rechtssicherheit. Ein Verstoß gegen Transparenzvorschriften kommt üblicherweise erst später ans Licht. Er kommt häufig sogar erst so spät ans Licht, dass eine Hauptversammlung bereits durchgeführt wurde und die Stimmrechte ausgeübt worden sind, die eigentlich ausgesetzt sein sollten. Nun stehen wir vor einem erneuten Dilemma, wenn wir die so gefassten Hauptversammlungsbeschlüsse als unwirksam behandeln. Denn dann verlagert sich das Risiko der Rechtsverletzung vom Übernehmer auf die Gesellschaft und die anderen Aktionäre. Diese wissen nicht, welche Beschlüsse gültig sind. Dabei sollen die Konsequenzen des Verstoßes doch bei dem liegen, der die Transparenzregeln verletzt. Wenn wir die Beschlüsse der Hauptversammlung dagegen als gültig betrachten, dann ist die Stimmrechtsaussetzung folgenlos, weil die für den Übernehmer wichtigen Beschlüsse schon gefasst worden sind.
Schließlich ist zu beachten, dass die nationalen Gesellschaftsrechtstatute noch sehr verschieden sind. Sie sind – und so muss es auch sein – nicht harmonisiert. Wir wollen einen Wettbewerb der Rechtsformen in Europa. Wegen der Niederlassungsfreiheit kann jeder deutsche Gründer unter vielen europäischen Rechtsformen wählen und die passende aussuchen. Das gleiche gilt für erfolgreiche gestandene Unternehmen. Die Vielfalt der Angebote führt zu einem race to the top zum Nutzen aller, wie wir es aus dem weltweit führenden amerikanischen Gesellschaftsrecht kennen. Diesen tatsächlichen, rechtspolitisch auch gewollten Befund, galt es hier zu berücksichtigen.
Daher fordern wir die Bundesregierung auf, einen großen nationalen Umsetzungsspielraum zu verhandeln. Je weniger die Richtlinie vorschreibt, desto mehr nationalen Umsetzungsspielraum haben wir, um den Interessen der Gesellschaften und Anteilseigner gerecht werden zu können. Deshalb ist es gut, dass wir die Möglichkeit der Stimmrechtsaussetzung auf vorsätzliche Verstöße beschränken. Deshalb ist es auch gut, dass die Stimmrechtsaussetzung nicht zwingend ist, sondern nur eine mögliche und vorübergehende Folge ist. Wenn die Richtlinie schließlich verhandelt ist, dann haben wir den nötigen Raum zum Manövrieren auf nationaler Ebene, den wir dann später eigenständig und in Übereinstimmung mit den europäischen Vorgaben füllen werden.
Berlin, 14. Juni 2012
Frank Schäffler
Leave a Reply