Interview mit dem Südkurier
Herr Schäffler, Sie waren der Wortführer des FDP-Mitgliederentscheid gegen die Europäische Rettungsschirm-Politik, konnten in Ihrer Partei Ihre Linie aber nicht durchsetzen. Haben Sie Ihren Kampf inzwischen aufgegeben?
Nein. Man ändert ja nicht die Meinung, nur weil man in seiner Partei keine Mehrheit findet. Die Entwicklung in Griechenland, aber auch in Portugal und allen anderen Rettungsschirm-Ländern gibt mir nahezu vollständig Recht. Es ist alles eingetreten, was ich im Mai 2010 gesagt habe. Es ist nichts besser geworden, sondern alles nur noch schlimmer. Griechenland hat im Euro keine Chance, wettbewerbsfähig zu werden. Die Verschuldungsspirale dreht sich immer weiter.
Sie rechnen also damit, dass die EU mit ihrer Krisenpolitik scheitert?
Genau. Die EU wird nicht erfolgreich sein. Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Entweder finanziert man das Leistungsbilanzdefizit von Griechenland dauerhaft oder man lässt die Banken für ihre Fehlinvestition haften. Unsere Wirtschaftsordnung sagt, wer Risiken eingeht, muss auch dafür haften. Diesem Prinzip stehe ich näher, weil es ein liberales Prinzip ist.
Welche Folgen befürchten Sie?
Die Folge ist, dass alle Länder, die in Schwierigkeiten geraten, auch unter den Rettungsschirm wollen, weil es dafür einen Anreiz gibt. Und bei den Ländern, die bereits unter dem Rettungsschirm sind, nimmt man den Druck, Reformen durchzuführen. Das sieht man ja jetzt bei Griechenland.
Die Entwicklung in Griechenland kann für andere Länder doch kein Anreiz sein, unter den Rettungsschirm zu gehen. Brüssel mischt sich ja in die Haushaltsführung ein.
Für Länder, die sich refinanzieren können, ist es kein Anreiz. Für Länder, die es nicht mehr können, ist es ein großer Anreiz. Man kann die Verantwortung an Dritte abgeben.
Aber der Euro hat doch auch eine bindende Wirkung für alle. Er ist eine wichtige Voraussetzung für die europäische Einigung.
Die Bundeskanzlerin hat das zu einer Glaubensfrage gemacht. Sie sagt: Scheitert der Euro, scheitert Europa. Ich glaube das nicht. Der Euro, so wie wir ihn jetzt haben, spaltet Europa. Was wir in Europa derzeit an Konflikten erleben, hat ja nur eine Ursache: der Euro. Wir versuchen mit aller Gewalt zusammenzuhalten, was ökonomisch nicht zusammenpasst.
Die EU gab sich nach dem Gipfel von Brüssel optimistisch, die Krise mit dem Fiskalpakt in den Griff zu bekommen. Wie sehen Sie das?
Auf Gipfeln wird immer Optimismus verbreitet. Wenn man dann später ins Kleingedruckte schaut, sieht es wieder anders aus. Der Fiskalpakt hat viele Mängel. Ich habe meine Zweifel, dass die Euro-Länder wirklich Haushaltsdisziplin üben und eine Null-Schulden-Politik machen werden.
Was bedeutet das für die Zukunft? Inflation?
Es gibt zwei Szenarien. Das erste Szenario ist, dass Länder aus der Euro-Zone aussteigen, weil sie im Euro nicht wettbewerbsfähig werden können, zum Beispiel Griechenland und Portugal. Sie werden sich nicht auf die Dauer von außen sagen lassen, was sie zu tun und zu lassen haben. Das zweite Szenario ist, dass man die Wärungsunion künstlich zusammenhält. Dann ist die Inflation eine unausweichliche Folge. Die Europäische Zentralbank wird in eine viel stärkere Rolle der Monetarisierung eintreten. Denn die Rettungsschirme – das merken wir ja alle – reichen alle nicht aus. Sie müssen jedes Vierteljahr ausgeweitet werden und jedes Mal muss man die Parlamente fragen. Irgendwann wird man erkennen, dass es einen einfacheren Weg gibt: den über die Zentralbank. Das führt dazu, dass Menschen, die sparen und für ihr Alter vorsorgen, durch Inflation enteignet werden.
Welche Reaktionen auf Ihre Haltung bekommen Sie denn aus der FDP?
An der Basis habe ich sehr viel Zustimmung erhalten. In der FDP ist es so wie in der Bevölkerung, diese ganze Rettungslogik ist umstritten. Der Mitgliederentscheid hat die Partei aufgerüttelt, trotz des Ausgangs, der aus meiner Sicht nicht befriedigend war. Die Mitglieder waren froh, dass sie über dieses Thema diskutieren durften. Viele schicken mir Mails oder schreiben mir, ich solle nicht nachlassen.
Und die Bundestagsfraktion und der Bundesvorstand … ?
Da war es natürlich etwas anderes. Die sind alle mehr oder weniger für die Rettungsaktion.
Würden Sie einer anderen Partei beitreten, falls Sie Ihre Linie in der FDP nicht durchsetzen können?
Nein.
Fragen: Dieter Löffler und Margit Hufnagel
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