Wettbewerb: Egoismus oder Dienst für alle Menschen?

Es muss eine Kontrollinstanz geben, die einen Wettbewerb zulässt und sichert, damit der Wettbewerb allen zu Gute kommt. Nur so kann ein „Pareto-Optimum“ als Zustand angestrebt werden, in dem sich alle persönlich so gut wie möglich stellen, ohne dabei einem anderen zu schaden. Ersteres erledigen die Menschen in einer freien Marktwirtschaft selbst, letzteres soll der Rechtsstaat durchsetzen, etwa durch Umweltschutz oder Schutz vor Betrug und Diebstahl.

Freies Handeln ist immer zum Vorteil aller Beteiligten

Frei steht für freiwillig. Von freiwilligem Wirtschaften profitieren alle Beteiligten. Wenn jemand beispielsweise für zwei Euro ein Kilo Äpfel kauft, ist das ein Tausch, den der Käufer nur eingeht, weil Ihm die Äpfel mehr wert sind, als die zwei Euro. Umgekehrt verkauft der Apfelverkäufer die Äpfel nur, weil ihm die zwei Euro mehr wert sind, als die Äpfel. Beide Seiten machen auf diese Weise beim Tausch einen Gewinn! Der Apfelverkäufer wiederum kauft dann nach dem gleichen Prinzip für die zwei Euro Güter, die er höher schätzt als die zwei Euro. So ist das Ende ein Tausch Güter gegen Güter, bei dem sich jeder auf die Produktion der Güter spezialisiert, der er am günstigsten und besten für die Kunden produzieren kann.

Wettbewerb senkt Kosten und erhöht Vielfalt und Qualität

Damit auch wirklich jeder die Güter, bzw. die Arbeit anbietet, die er am günstigsten und besten anbieten kann und so die zur Verfügung stehen Ressourcen optimal genutzt werden, ist Wettbewerb nötig. Bessere Anbieter sollen schlechtere Anbieter übertrumpfen. Das ist gut, denn es setzt Kapazitäten frei, die nun für die Produktion zusätzlicher Güter eingesetzt werden können. Wären beispielsweise die Produktionsverfahren in der Landwirtschaft nicht effizienter geworden, würden heute noch immer wie früher fast alle Menschen im Agrarbereich arbeiten. Die Industrialisierung, die eine Fülle neuer Produkte, massive Wohlstandssteigerungen bis hin zu einer deutlich längeren Lebenserwartung bewirkt hat, wäre nicht möglich gewesen. Arbeitskräfte und Kapital wären schlicht in der Landwirtschaft gebunden geblieben. Neben der Senkung der Produktionskosten kann man sich im Wettbewerb auch durch die Verbesserung der Produktqualität oder das Anbieten völlig neuer Produkte hervortun. Davon profitieren dann ebenfalls die Kunden, also wir alle.

Wettbewerb als Entdeckungsverfahren

Da niemand alleine vorher wissen kann, welches im Einzelnen die besten Produktionsmethoden sind und welche neuen Produkte erfolgsversprechend sind, ist der Wettbewerb hier als „Entdeckungsverfahren“ notwendig, wie der Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek vor allem auch beim Thema Geld erkannte. Nur über Wettbewerb als Ordnungsprinzip fließen das dezentrale Wissen und die Ideen aller Menschen in den Produktionsprozess ein und werden am Markt ausgetestet. Und das möglichst viele Ideen in den Produktionsprozess einfließen, ist entscheidend. Denn nur neue Ideen ermöglichen dauerhaftes Wirtschaftswachstum. Denn nur Ideen sind unbegrenzt und prinzipiell allen Menschen zugänglich, während alle anderen Ressourcen knapp sind. Wissen und Ideen sind unsere wertvollste Ressource; damit sie nutzbar wird, brauchen wir Wettbewerb! Niemand kann dabei seriös vorhersagen, was genau der Wettbewerb hervorbringen wird. Die Ergebnisse aus der Vergangenheit jedoch sind überwältigend. Die Ideen einer zentralistischen Planwirtschaft sind im Gegensatz dazu in der Theorie bereits seit 1920 durch Ludwig von Mises widerlegt. In der Praxis ist die Planwirtschaft grandios gescheitert und das mit schrecklichen Gräueln für die Menschheit, weil das Korrektiv durch den Wettbewerb fehlte.

Wettbewerb bewirkt notwendige Strukturwandel

Der Wettbewerb führt auch dazu, dass Berufszweige aussterben und sich Wirtschaftsstrukturen ändern. War Nadelmacher in der Vergangenheit z.B. noch ein gut bezahlter und hochspezialisierter Beruf, so ist dieser Beruf mit der maschinellen Nadelfertigung ausgestorben. Die Nadelmacher verloren dadurch ihren durch ihre einstige Stellung als Spezialisten überdurchschnittlichen Lohn und mussten einen schlechteren Lohn akzeptieren, der dem Preis für irgendeine unqualifizierte Arbeit entsprach. Dennoch kann man nicht sagen, dass der Wettbewerb auf Kosten der Nadelmacher ging. Denn niemand hat einen Anspruch darauf, dass seine Arbeit für immer gebraucht wird oder auch weiter bezahlt wird, sobald diese Arbeit nicht mehr von anderen Menschen nachgefragt wird. Wie sinnvoll wäre es beispielsweise, Bagger zu verbieten, damit Gruben von Hand mit Schaufeln gegraben werden?

Subventionierte Arbeit ist menschenunwürdig

Wenn es nur darum ginge, mehr Arbeit zu schaffen, könnte man die Gruben schließlich auch mit Teelöffeln oder bloßen Händen ausgraben lassen. Etwa indem man Schaufeln verbietet oder das Graben mit den Händen subventioniert. Und wäre eine solche Arbeit, die eigentlich niemand braucht, noch würdevoll? Nein! Im Gegenteil muss die Bezahlung aufhören, wenn es keine Kundschaft mehr für eine bestimmte Arbeit gibt, bzw. die Arbeit im Vergleich zu anderen Produktionsmethoden zu teuer geworden ist. Denn nur dann orientieren sich die Menschen hin zu einer neueren und besseren Arbeit und lernen neue Berufe, die tatsächlich eine Nachfrage erfahren. Am Ende steuert so die Nachfrage aller Menschen die Wirtschaft. Es geht beim Wettbewerb darum, mit der gleichen oder geringeren Menge Arbeit und Kapital mehr zu produzieren, um so mehr Wohlstand zu haben. Die Arbeit als solche wird dabei nie ausgehen, da die Bedürfnisse der Menschen schier unendlich sind und so durch mehr Effizienz frei gewordene Arbeitskräfte und Kapital für die Produktion neuer, auch immaterieller Produkte und Dienstleistungen eingesetzt werden können.

Soziale Härten abfedern ohne Wettbewerb zu verhindern

Je weniger der Staat durch Zwang in diesen Wettbewerbsprozess eingreift, desto fließender können sich die Wirtschaftsstrukturen an den neusten Stand der Umwelt und die neusten Bedürfnisse der Kunden anpassen. Der zwangsläufige Strukturwandel — denn Umwelt, Technik und Bedürfnisse ändern sich immer — kommt dadurch weniger schlagartig. Dadurch ist der Wandel dann auch weniger mit sozialen Härten verbunden, weil die Menschen sich so leichter an neue Gegebenheiten anpassen können. Wo für den Einzelnen eine Umorientierung tatsächlich nicht mehr möglich ist und so die Existenz von Menschen gefährdet wird, ist natürlich der Sozialstaat gefragt. Wo der Sozialstaat allerdings über dieses Maß hinaus geht, manifestiert er nicht wettbewerbsfähige Wirtschaftsstrukturen auf Kosten aller und verhindert Wohlstand. Wo kämen wir beispielsweise hin, würden wir den Pferdekutschern zu Liebe Autos verbieten? Wettbewerb muss zugelassen werden, wenn man eine Verbesserung des Lebensstandards will, der angesichts vieler wirklich armer Menschen in der Welt noch immer dringend notwendig ist. Veränderungen durch Wettbewerb jedoch durch Staatsgewalt verhindern zu wollen, ist ein Zeichen der Dekadenz und läuft der Würde des Menschen entgegen.

Unterschiede in Vermögen und Verdienst nur zum Vorteil aller

Unterschiede im Vermögen und im Verdienst wird es bei Wettbewerb immer geben. Das ist auch notwendig, denn höhere Verdienstmöglichkeiten signalisieren den Menschen, dass bestimmte Dienste dringender gebraucht werden als andere. Nur bei derart freien Preissignalen ist eine Ausrichtung der Wirtschaft an der Nachfrage der Menschen möglich. Entscheidend dabei ist, dass niemand sein Vermögen auf Kosten, sondern immer nur wie einleitend beschrieben zum Vorteil aller Beteiligten macht. Wer beispielsweise „Schokoladenkönig“ genannt wird und reich an Vermögen ist, wird so nicht genannt, weil er mit Zwang und Gewalt über andere herrscht und wie ein König hohe Steuern eintreibt, sondern weil er die beste Schokolade zum bestmöglichen Preis anbietet und so Erfolg bei seinen Kunden hat, wie Henry Hazlitt in seinem Buch „Economics!“ vortrefflich erklärt. Sobald der „Schokoladenkönig“ nicht mehr die gefragteste Schokolade anbietet, verliert er seine Kunden. Damit wird sein Vermögen unrentabel; er verliert es.

Auf die richtige Verteilung des Vermögens kommt es an

Der Wettbewerb stellt so sicher, dass nur derjenige über Vermögen verfügt und damit produzieren kann, der dies im Sinne der Kunden, also aller Menschen tut. So stellt der Wettbewerb sicher, dass niemand nur seinen „egoistischen Interessen“ nachgehen kann, sondern immer auch den Bedürfnissen anderer Menschen dienen muss. Dass ist sehr wichtig, denn die ökonomischen Ressourcen sind knapp. Und nur der Wettbewerb stellt ein geordnetes Verfahren dar, diese Ressourcen zum Vorteil aller Menschen bestmöglich zu verteilen. Der weltbekannte Ökonom Adam Smith spricht dabei von der „unsichtbaren Hand“. Wenn jedoch wie in der Planwirtschaft nur ein zentrales Komitee über die Produktion und damit Ressourcenverteilung per Gesetz entscheidet und dieses damit faktisch alles besitzt, ist das hochgradig ungerecht und eine Anmaßung von Wissen, die am Ende ganze Gesellschaften in die Knechtschaft und ins Elend stürzt.

Probleme beim Sichern von Wettbewerb

Im Einzelnen kann es jedoch schwer sein, seitens des Rechtsstaats wirklich zu verhindern, dass nur zum Vorteil aller und nicht auf Kosten Einzelner gewirtschaftet wird. Betrug oder Umweltverschmutzung werden beispielsweise nicht immer gleich und nicht immer leicht erkannt. Der Wettbewerb ist nichtsdestotrotz ein Ideal, das auf Grund seiner Vorteile für alle Menschen, auch angestrebt werden sollte. Ein weiteres Problem ergibt sich dadurch, dass für eigentlich staatlich verursachte ökonomische Missstände oft voreilig der freie Markt oder der Wettbewerb schuldig gesprochen werden. Dabei könnte gerade der Wettbewerb im freien Markt — unterstützt durch die richtige Regulierung — vorteilhaft für alle wirken. Weil aber in der Realität eine Verquickung von staatlicher Intervention und freien Märkten vorliegt, ist es für die Öffentlichkeit bei wirtschaftlichen Missständen oft schwer zu unterscheiden, was genau das sichtbare Übel — etwa die Finanzkrise — begründet. Ist es „der Markt“ oder die Staatsintervention? Dies beschreibe ich ausführlich in meinen beiden Artikeln „Kapitalismuskritik richtig gedacht“ und „Schuldenschirme: Was unterscheidet uns noch vom Sozialismus?“ Die Debatte zwischen „Staat“ und „Markt“ sollte nicht ideologisch auf Kosten der Menschen geführt werden. Es handelt sich nämlich um eine reine Sachfrage: Wie werden welche Aufgaben zum Vorteil aller Menschen ohne dabei Einzelne zu benachteiligen am besten erledigt?

Mehr Demokratie wird den Wettbewerb ankurbeln

Die ökonomischen Gesetze gelten immer. Wettbewerb als Ordnungsprinzip ist jedoch keine Selbstverständlichkeit, sondern muss durch einen passenden ordnungspolitischen Rahmen manifestiert sein. Vom Wettbewerb sollen und müssen per Definition alle Beteiligten profitieren. Weder dürfen Minderheiten Mehrheiten ausplündern, noch umgekehrt. Derjenige, der Kosten verursacht, muss sie auch tragen, wenn er kann: Beispielsweise beim Umweltschutz, der Verantwortung gegenüber sich selbst im Alter oder gegenüber der Familie oder bei Verpflichtungen aus Vertragsschlüssen. Ein solcher Wettbewerb lässt sich meiner Überzeugung nach durch mehr Demokratie, also direkte Bürgerbeteiligung umsetzen. Der Einzelne delegiert dabei dafür geeignete Aufgaben in Einklang mit anderen an den Staat. Die Kosten des Abstimmungsverhaltens müssen dabei — wie in allen anderen Bereichen auch — nach dem Verursacherprinzip auch von den Abstimmenden selbst getragen werden. Andernfalls sind die Gefahren zu groß, dass der Staat durch Einzelinteressen unterwandert und sein Gewaltmonopol so missbraucht wird. Dann plündern wie derzeit Mehrheiten die arbeitende Minderheit über den „Sozialstaat“ aus oder Minderheiten verschaffen sich wie die Banken über eine Lobbygesetzgebung Sondervorteile auf Kosten der breiten Bevölkerung.

Richtiger Wettbewerb lässt sich gerade durch mehr Demokratie durchsetzen, eben weil er im Sinne aller Menschen und jedes Einzelnen ist. Darum plädiere und streite ich wie zuletzt mit dem FDP-Mitgliederentscheid für mehr Demokratie. Alle Bürger sind eingeladen und aufgefordert, gemeinsam für mehr Demokratie und Wettbewerb zu streiten, um sich und ihr Land vor Dekadenz, Rückschritt und Unrecht zu bewahren, Freiheit zu schützen und Wohlstand für alle schaffen zu können. Denn „kein Mensch ist gut genug, einen anderen Menschen ohne dessen Zustimmung zu regieren“, wie der amerikanische Präsident Abraham Lincoln meinte: „Wer anderen die Freiheit verweigert, verdient sie nicht für sich selbst.“

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