Interview mit der „Main Post„
21.01.2010
Main Post: Die größte Zukunftsangst der Deutschen ist laut Forsa die vor der anhaltenden Euro-Schuldenkrise. Steht uns ein neues Krisenjahr bevor?
Frank Schäffler: Wir haben zumindest ein Bewährungsjahr für den Euro. Die Schuldenkrise in Europa ist längst nicht überwunden, wir stehen hier erst am Anfang. Insofern ist 2011 ein Schicksalsjahr für den Euro, keine Frage.
Main Post: Im Grunde versteht doch niemand mehr, worum es eigentlich geht: Staaten wie Griechenland oder Portugal, die schlecht gewirtschaftet haben, Banken, die für ihre Risiken nicht geradestehen können oder wollen – und sogenannte Finanzmärkte, die auf Teufel komm raus auf einen Zusammenbruch des Euro spekulieren. Und die Politik verstrickt sich in endlosen Debatten und scheint hilflos…
Frank Schäffler: Na ja, das Problem ist schon sehr komplex. Die Verschuldung der Staaten hat sich ja nicht über Nacht aufgebaut, sondern über Jahrzehnte. Und jetzt kommt es eben zu harten Einschnitten. Man kann eben nur das Geld ausgeben, das man einnimmt. Aber das ist notwendig, um aus dieser Verschuldungslawine herauszukommen. Man kann auf alte Schulden nicht einfach immer neue Schulden häufen.
Main Post: Jetzt mal Klartext: Wie lässt sich ein Zusammenbruch des Euro-Systems denn noch verhindern?
Frank Schäffler: Wir müssen zu einer Politik der Stabilität zurückkommen. Das ist die Grundvoraussetzung dafür, dass der Euro als Währung langfristig bestehen kann. Wir müssen Haftung und Verantwortung wieder zusammenführen. Es wurde fälschlicherweise ein Zusammenhang hergestellt zwischen der Verschuldung und der Stabilität des Euros. Das ist in den europäischen Verträgen nicht vorgesehen.
Main Post: Sie bezeichnen die Rettungsaktionen der Europäischen Union (EU) als „kollektiven Rechtsbruch“…
Frank Schäffler: So ist es. Alle, die dagegen vorgehen könnten, haben sich darauf geeinigt, Recht zu brechen: die Europäische Kommission, die Mitgliedsländer und auch die Europäische Zentralbank. Gerade die EZB hat mit ihrer Politik des billigen Geldes die Krise mit verursacht.
Main Post: Wie sollte man dann also mit Ländern wie Griechenland umgehen? Raus aus der Eurozone?
Frank Schäffler: Griechenland muss für seine Schulden selbst verantwortlich sein. Doch Griechenland wird seine Schulden niemals selbst abzahlen können. Und das heißt, dass es sich im Zweifel mit seinen Gläubigern darauf verständen muss, wie man einen Cut der Schulden macht.
Main Post: …also ein Schuldenerlass?
Frank Schäffler: Ja, das ist gar nichts Ungewöhnliches. Das hat es in der Geschichte immer wieder gegeben, etwa in Argentinien oder in Russland Anfang der 90er Jahre.
Main Post: Wer zahlt für die Rettung der Währungsunion?
Frank Schäffler: Ganz einfach: Wir als deutsche Steuerzahler, denn wir sind der größte Nettozahler beziehungsweise Kreditgeber in diesem System. Und deshalb werden auch wir zur Kasse geben, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Main Post: Da nützt uns der aktuelle Aufschwung nichts mehr?
Frank Schäffler: Ich glaube, wir müssen einfach Schlimmeres verhindern. Wir müssen sicherstellen, dass dieser Rettungsfonds eine einmalige Geschichte bleibt und nicht verlängert wird. Wir müssen den Euro wieder auf seine drei Säulen stellen: die Unabhängigkeit der Notenbank, die Stabilitätskriterien und die Regel, dass kein Land für die Schulden eines anderen eintritt.
Main Post: Sie stellen sich mit Ihren Thesen gegen die eigene Partei. Lassen Sie es auf einen Machtkampf mit Parteichef Guido Westerwelle ankommen?
Frank Schäffler: Nein. Ich sehe mich in der Tradition der FDP als Partei der marktwirtschaftlichen Orientierung und der Rechtsstaatlichkeit. Dass dieser Weg vorübergehend etwas geschliffen wurde, bedauere ich. Aber erst in dieser Woche hat die Bundestagsfraktion der FDP einstimmig beschlossen, dass einer Ausweitung des Euro-Rettungsschirms nicht zugestimmt wird.
Main Post: Sie gehören zu den prominentesten Vertretern des sogenannten „Liberalen Aufbruchs“. Wollen Sie die FDP damit zu einer anderen Partei machen?
Frank Schäffler: Wir wollen die FDP zu ihren Grundwerten zurückführen, das ist die einzige Chance, dass die Partei wieder in die Vorhand kommt. Ja, wir haben einen Vertrauensverlust in der Bevölkerung: Die Menschen sind enttäuscht darüber, dass die FDP ihre Inhalte nicht durchgesetzt hat.
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